Rechtfertigt die Coronakrise einen sofortigen Vereinsaustritt?
Zunächst gilt: Ein fristloser Vereinsaustritt ist nur aus wichtigem Grund möglich. Das Verbleiben im Verein muss für das Mitglied unzumutbar sein.
Entfallen die Leistungen, die der Verein seinen Mitgliedern anbietet, kann das grundsätzlich ein Grund für eine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft sein. Da die entsprechenden Veranstaltungen aber behördlich untersagt sind, hat der Verein kein Verschulden.
Auch aktuell kommt also in aller Regel nur eine ordentliche (fristgemäße) Kündigung in Frage.
Können Mitglieder Beiträge zurückfordern und zurückhalten?
Die Beitragspflicht der Mitglieder ergibt sich aus der Mitgliedschaft. Beiträge sind kein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins. Die Rechtsprechung hat deswegen eine Rückzahlungspflicht von Mitgliedsbeiträgen auch bei fristloser Kündigung aus wichtigem Grund überwiegend verneint.
Kann ein Verein wegen der behördlichen Verbote seinen Betrieb nicht aufrechterhalten, entsteht daraus kein Recht auf Rückforderung von Beiträgen oder die Zurückbehaltung fälliger Beitragszahlungen.
Ein Vereinsmitglied kann die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen grundsätzlich nicht mit der Begründung verweigern, es sei in seinen Mitgliedsrechten verletzt worden. Auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB scheidet aus. Die aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses geschuldeten Geldleistungen können nicht mit der Begründung verweigert werden, der Vorstand oder sonstige Vereinsorgane hätten ihre Pflichten nicht erfüllt. Denn der Verein ist zur Erfüllung des Vereinszwecks darauf angewiesen, über die laufenden Zahlungen der Mitgliedsbeiträge die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22.08.2019, 3 U 151/17).
Vereine als Arbeitgeber
Finanzhilfen speziell für Vereine gibt es bisher nicht. Aus der Politik kommen aber bereits entsprechende Forderungen, weil sich die bisherigen Hilfspakete nur an Wirtschaftsunternehmen und Solo-Selbstständige richten.
Lohnfortzahlung
Wurde ein Arbeitnehmer wegen einer Infektion von der Arbeit freigestellt, müssen gemeinnützige Organisationen den Arbeitslohn – wie sonst im Krankheitsfall auch – weiterzahlen. In Fällen, in denen die Behörde einen einzelnen Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt hat, kann zumindest von der Behörde eine Erstattung der Lohnfortzahlungen verlangt werden. Für die Arbeitsverhinderungen aufgrund der Pflege von infizierten Kindern von Beschäftigten gelten die allgemeinen Regelungen.
Kurzarbeit
Grundsätzlich können auch gemeinnützige Organisationen Kurzarbeit anordnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn – bei wirtschaftlichen Tätigkeiten – Einnahmen wegbrechen.
Auch das Kurzarbeitergeld ist für Gemeinnützige grundsätzlich zugänglich. Dazu muss ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen. Das ist der Fall bei behördlich angeordneten Maßnahmen oder wirtschaftlichen Ursachen (Auftragsmangel usf.). Nicht in Frage kommt Kurzarbeitergeld also, wenn der Verein die entsprechenden Stellen aus Zuschüssen finanziert.
Voraussetzung für das Kurzarbeitergeld ist, dass rückwirkend zum 1. März 2020 bis Ende 2020 mindestens 10 % der beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Entgeltausfall von mehr als 10% haben.
Kurzarbeitergeld wird aber nur für ungekündigte sozialversicherungspflichtige Beschäftigte bezahlt.
Stundung der Sozialversicherungsbeiträge
Wenn ein Verein in Folge der Corona-Krise in Schwierigkeiten gerät, ist eine Stundung der Sozialversicherungsbeiträge möglich.
Voraussetzung ist, dass der Verein ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten hat oder im Falle der sofortigen Einziehung der Beiträge in solche Schwierigkeiten geraten würde.
Auf Antrag des Arbeitgebers bei der Einzugsstelle (Krankenkasse) können die bereits fällig gewordenen oder noch fällig werdenden Beiträge zunächst für März bis April 2020 gestundet werden. Stundungen werden längstens bis zum Fälligkeitstag für die Beiträge des Monats Mai 2020 gewährt. Auch Stundungszinsen, Säumniszuschläge und Mahngebühren werden nicht berechnet.
Finanzielle Hilfen und Entlastungen
Vereine sind vielfach auch als Arbeitgeber von der Krise betroffen.
Einige zugesagte Hilfen gelten aber auch für Vereine. Bisher liegt nur aus NRW eine Ankündigung von Hilfen speziell für Vereine vor. Ob die von der Bundesregierung zugesagten Soforthilfen auch für Vereine gelten, ist nicht geklärt. Da sie sich auf alle Wirtschaftsbereiche beziehen, kommen wirtschaftlich tätige Vereine aber grundsätzlich in Frage. Einschränkungen bei der Rechtsform gibt es jedenfalls nicht.
Hinweis: Die von den Bundesländern bereitgestellten Antragsformulare sind recht kurz gehalten. Es lohnt sich sicher, die Beantragung zu versuchen.
Gibt es steuerliche Entlastungen für Vereine?
Die zugesagten steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen gelten grundsätzlich auch für Vereine. Möglich ist:
die Stundung von Steuerschulden. Die Anpassung von Steuervorauszahlungen, wenn sich zeigt, dass die steuerpflichtigen Einkünfte im laufenden Jahr voraussichtlich geringer sein werden, der Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen In der Regel wird das aber keine große Rolle spielen, weil gemeinnützige Vereine meist keine oder nur geringe Steuerzahlungen leisten.
Sofortmaßnahmen der Gema
Die Gema hat angekündigt, dass für Lizenznehmer alle Verträge ruhen, solange die Einrichtungen den Betrieb aufgrund behördlicher Anordnungen schließen müssen. Es entfallen während dieses Zeitraums die GEMA-Vergütungen.
Insolvenzantrag
Auch (gemeinnützige) Vereine sind insolvenzfähig. Ein Insolvenzantrag muss gestellt werden, sobald Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt.
Allerdings sollen die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden (Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht). Ein Insolvenzantrag sollte dennoch gestellt werden, wenn sich abzeichnet, dass sich die Folgen der Krise nicht wieder auffangen lassen.
Für Vorstände von Vereinen gibt es keine bestimmte Frist, innerhalb derer der Insolvenzantrag gestellt werden muss. Sie machen sich auch nicht wegen verspäteter Antragstellung strafbar. Vereinsvorstände haften aber u.U. für durch eine verspätete Insolvenzantragstellung entstandene Schäden persönlich.